Was denkt eigentlich Google?

Heute findet in Köln der SEO-Day statt. Konnte ich Nachwuchsbedingt letztes Jahr leider nicht teilnehmen, gibt es dieses Jahr keine neuen, kleinen Sistrixe und ich bin in Köln. Unter anderem halte ich dort einen Vortrag zum Thema „Was denkt eigentlich Google?“. Für alle, die es nicht nach Köln geschafft haben, möchte ich die Kerngedanken hier im Blog festhalten.

Google erhöht seit einiger Zeit die Takt-Frequenz für uns SEOs massiv: eine fast allumfassende Transparenz erschlägt uns regelrecht, Matt Cutts tritt mit seinen „Minor Weather Reports“ als Wetterfee auf, Google-Updates mit lustigen Tiernamen scheinen fast im Wochenrhythmus zu erscheinen und das Aussehen der SERPs ändert sich sowieso kontinuierlich. Es gibt nun zwei Möglichkeiten um damit umzugehen: entweder fällt man in die von Google produzierte Hektik ein und kennt nach ein paar Wochen mit täglich neuen Aufgaben seinen eigenen Namen nicht mehr oder aber man versucht zu verstehen, vor welchem Hintergrund Google so handelt und passt seine eigene Strategie entsprechend an. Wenig überraschend plädiere ich für die zweite Option. Für den Vortrag habe ich drei Probleme, vor denen Google aktuell steht, aufgeschrieben, Googles Umgang mit ihnen aufgezeigt und mit einem Wechsel in die Google-Perspektive die Auswirkungen auf SEO versucht zu verstehen.

1) Links als Basis-Technologie ausgereizt
Der Google-Algorithmus basiert seit mehr als 10 Jahren maßgeblich auf Links. Wie das leider so häufig ist: Qualitätssprünge sind am Anfang noch relativ einfach, werden aber zunehmend schwieriger und die Verbesserungsmöglichkeiten immer geringer. Leider hat Google auf absehbare Zeit das Problem, dass kein adäquater Ersatz für Links zur Verfügung steht – Google wird also noch geraume Zeit mit dieser Technologie leben müssen. Das heißt aber auch, dass Google das Rennen um die Qualität des Link-Graphs gegen die SEOs auf keinen Fall verlieren darf. Hat Google lange versucht, diesen Kampf durch das übliche technologische Vorgehen zu gewinnen, ist seit einiger Zeit ein Paradigmenwechsel zu beobachten: Google droht, verunsichert und bietet seltsame Tools an. Das ist alles kein Zeichen für eine souveräne Position, sondern zeigt recht deutlich, dass Google keine anderen Optionen hat. Behält man dies im Hinterkopf und weiß, dass Google sowieso keine Lösung braucht, die einen zu 100% sauberen Link-Graphen garantiert, ist die Lösung für SEOs relativ einfach: sei etwas besser als die Mehrheit beim Linkbuilding und die Chance, die nächsten Jahren ohne Probleme zu überstehen ist relativ hoch.

2) Gewinn- und Wachstumserwartungen
Google ist einer der Börsen-Superstars. Die negative Folge dieses Status ist, dass alle 3 Monate glänzende Quartalszahlen erwartet werden. In einem Unternehmen, bei dem über 90% des Gewinns aus AdWords und AdSense generiert werden und das in vielen Ländern mehr als 90% Marktanteil hat, sind Wachstumsmöglichkeiten natürlich begrenzt. Die naheliegende Reaktion von Google ist es, neue Märkte und Geschäftsfelder zu entwickeln. Es ist recht offensichtlich, dass Google nach der Dominanz in der horizontalen Suche jetzt lukrative vertikale Bereiche angeht. In den USA ist Google derzeit im Reisemarkt ziemlich aktiv und zeigt, was möglich ist. Für SEOs stellt das ein deutliches Problem dar: war Google früher noch recht unbeholfen in seinen Vorstößen, hat sich die Qualität von Produkt und Auftritt in der letzten Zeit massiv verbessert. Mit einem Google Hotelfinder oder einer Google Flugsuche wird auf Dauer niemand erfolgreich in den SERPs konkurrieren wollen.

3) Wettbewerbsbehörden
Es ist ein offenes Geheimnis, dass die amerikanischen Wettbewerbshüter von der FTC derzeit ein Verfahren gegen Google vorbereiten: die Jobangebote der Behörde sprechen einfach für sich. Für Google wäre so ein Verfahren ein größeres Problem. Unabhängig vom Ausgang lähmt es die ganze Firma über Jahre und verschafft dem Wettbewerb wie Facebook somit deutliche Vorteile. Google ist aktuell also reichlich bemüht, die Anschuldigungen bereits im Vorfeld auszuräumen. Die Waffe der Wahl scheint dabei eine Art Pseudo-Transparenz zu sein. Seit geraumer Zeit bombardiert Google Webmaster und SEOs mit Informationen zu Änderungen: so wissen wir zum Beispiel, dass Google im August Änderungen an Routenvorschlägen via Google Maps in der Türkei gemacht hat. Die wirklich relevanten Informationen fehlen jedoch: an welchen Stellschrauben des Algorithmus dreht Google bei den wichtiges Updates? Für SEOs ist es wichtig im Hinterkopf zu behalten, dass sie nicht der eigentliche Empfänger der neuen Google-Offenheit sind. Google möchte Wettbewerbsbehörden beschwichtigen, nicht aber den bösen SEOs helfen. Das Fazit: die neue Google Doktrin der Pseudo-Transparenz also durchaus zur Kenntnis nehmen, wenn Zeit über ist, auch mal etwas davon lesen, dem Inhalt aber nicht zu viel Bedeutung beimessen.

Ähnliche Beiträge