IndexWatch 04/2022: Kein offizielles Update und dennoch viel Bewegung

April, April, der macht was er will. Ob das auch für Google gilt, schauen wir uns im IndexWatch in diesem Monat an. Wie immer betrachten wir sowohl die Verlierer, als auch die Gewinner im deutschsprachigen Index bei Google Deutschland und versuchen daraus ein bisschen schlauer zu werden.

Verlierer im April 2022

Zunächst geht unser Blick auf die Verlierer im April 2022. Die Liste führen, wie so oft, ein paar Spam- und Erotik-Domains mit Totalverlust von 100% an, doch wir schauen uns lieber die interessanteren Fälle etwas weiter unten an.

Data.ai verliert die gewonnene Sichtbarkeit größtenteils wieder

Johannes hatte Mitte April bereits in seinem Artikel „Vertrauen gegen Nutzererfahrung: der Domainumzug von AppAnnie.com auf Data.ai“ über den Domainumzug von appannie.com auf data.ai geschrieben.

data.ai Sichtbarkeitsverlauf bei Google Deutschland

Man hatte sich dort entschieden hunderttausende URLs zu so gut wie jeder App zu generieren und damit den Index zu fluten. Was zunächst aufgrund des Vertrauens, das AppAnnie.com bei Google gesammelt hatte, extrem gut funktionierte, wurde kurze Zeit später größtenteils wieder einkassiert. Johannes erklärte in seinem Artikel wieso:

Und genau in diesem Verzeichnis verliert die Domain jetzt auch wieder Sichtbarkeit: die durch das Vertrauen der starken Links erzielten Rankings halten dem Lackmustest der Besucher nicht dauerhaft Stand.

Johannes Beus

Wie man am Beispiel der iOS App von mydealz unter www.data.ai/de/apps/ios/app/mydealz/ sehen kann, verbergen sich dahinter nicht mehr als nett gemachte Landingpages, bei denen neben dem App Ranking-Verlauf der letzten 7 Tage und gescrapten Beschreibung & Bewertungen aus dem App Store nur noch Werbetexte zum eigenen Dienst zu finden sind.

Immerhin liegt die Sichtbarkeit noch oberhalb von 10 und damit fast drei mal so hoch, wie zuvor auf der alten Domain.

loader.to mit merkwürdigen URL-Weiterleitungen

Als Beobachter der Warez-Szene in Deutschland sprang mir die Domain loader.to in der Liste der prozentualen Verlierer direkt ins Auge. Viele illegale Download-Dienste nutzen .to Domains (die länderspezifische Top-Level-Domain des Inselstaates Königreich Tonga) und auch ob loader.to legal ist, würde ich mindestens als fraglich bezeichnen, denn hinter loader.to verbirgt sich ein kostenloser YouTube nach MP3 Converter, Dort kann man die URL eines beliebigen YouTube-Videos eingeben und erhält einen Download-Button für dessen Tonspur als MP3-Datei.

Die Domain konnte im Verlauf der letzten 12 Monate nach und nach an Sichtbarkeit zulegen, mit immer größeren Ausschlägen nach oben, zuletzt bei stolzen 5,0 Sichtbarkeitspunkten am 28.03.2022. Danach ging es wieder auf das Niveau von Februar hinunter, bis nun zuletzt am 24.04.2022 kaum mehr etwas von der Sichtbarkeit übrig war:

loader.to Sichtbarkeitsverlauf bei Google Deutschland

Ein Blick auf die rankenden Keywords zum Zeitpunkt der höchsten Sichtbarkeit verrät, dass man nicht etwa, wie ich zunächst dachte, die konvertierten Videos zur Generierung dynamischer Seiten nutzt. Die Domain hatte schlicht und einfach einige Top-Rankings zu sehr häufig gesuchten Suchanfragen nach YouTube Convertern oder Downloadern. Diese Rankings reichten offenbar aus, um eine Sichtbarkeit in dieser Dimension aufzubauen:

Dass diese Rankings nun weg sind, ohne dass es dafür einen technisch erkennbaren Grund gibt, könnte darauf hin deuten, dass Google die Seite aufgrund der Rechtslage aus den Suchergebnissen verbannt.

Über die Rechtmäßigkeit ist loader.to immerhin transparent auf der eigenen Webseite:

Die Wahrheit ist, dass die Legalität des MP3-Konverters immer noch umstritten ist. Niemand wurde jemals für das Herunterladen von YouTube-Videos verklagt, aber Google mag es sicher nicht, wenn jemand das tut.

Das Anbieten von Audiokonvertierungsdiensten ist legal, weil sie nicht gegen das Urheberrecht verstoßen. Was jedoch illegal sein könnte, ist die Art und Weise, wie die heruntergeladenen Inhalte genutzt werden. Denke daran, dass die private Nutzung in Ordnung ist, die kommerzielle Nutzung jedoch nicht.

Übersetzter Hinweis von loader.to

Auch wenn diese Erklärung im Grunde ausreicht, ist mir noch etwas Merkwürdiges bei den rankenden URLs aufgefallen, das ich mir noch genauer ansehen wollte: Sämtliche URLs bestehen aus dem Sprachkürzel (de, fr, en) gefolgt von einer Zahl. Diese Zahl scheint sich nach und nach immer weiter zu erhöhen, ohne dass dabei neue Inhalte auf der Seite auftauchen. Die alten URLs werden einfach auf die jeweils aktuelle URL weitergeleitet. Derzeit ist die 115 dran, d.h. alle ehemals rankenden URLs leiten auf URLs mit dieser Zahl weiter.

So leitet https://loader.to/de84/youtube-mp4-downloader.html aktuell per 301-Weiterleitung permanent auf https://loader.to/de115/youtube-mp4-downloader.html weiter.

Das Spielchen, per 301-Weiterleitungen auf immer neue Domains einer Penalty zu entgehen, haben wir in der Vergangenheit schon häufig beobachtet. Diese Taktik hat man nun offenbar mit URLs innerhalb einer Domains, zumindest zeitweise, erstaunlich erfolgreich eingesetzt.

Aus sheloox.de wird camptero.de – Oder doch nicht?!

Zunächst ging ich davon aus, dass es sich um einen missratenen Domainumzug handelt, denn die Domain sheloox.de, die von 1,5 auf 0,055 Sichtbarkeitspunkte abgestürzt ist, leitet mittels 301-Weiterleitung auf eine andere Domain um. Doch die Sichtbarkeit überträgt sich nicht etwa, wie man vermutet könnte. Das Ziel der Weiterleitung camptero.de sucht man im Graph nahe der x-Achse mit einer Sichtbarkeit von nur 0,002 – und das nach Weiterleitung einer Domain mit SI > 1,5?!

Sichtbarkeitsverlauf bei Google Deutschland von sheloox.de und camptero.de

Was ist denn da passiert?

Die Sache wird etwas klarer, wenn wir uns in der Wayback-Maschine des Web Archivs anschauen, um was es sich denn auf sheloox.de handelte: Einen Onlineshop für Reizwäsche! Dieser hatte zuletzt mit

LAGERRÄUMUNG!
40% AUF ALLES*

geworben, was auf ein Ende der Geschäftstätigkeit schließen lässt.

Da das Ziel der Weiterleitung camptero.de eine Wohnmobil-Vermietung ist, macht es durchaus Sinn, dass Google nicht die Rankings des Reizwäscheshops überträgt. Da es sich um die selbe Anschrift (Saldenburg, Tratzen 3) handelt, gehe ich davon aus, dass sich der oder die Inhaber/in dafür entschieden hat, das Geschäftsmodell zu wechseln. Entweder die alte Domain leitet versehentlich auf das neue Business um, oder man hoffte irgendeine Art von Vertrauen seitens Googles auf die neue Gründung übertragen zu können.

Bei derart unterschiedlichen Branchen und Geschäftsmodellen jedoch ein wenig Erfolg versprechendes Unterfangen…

Merkwürdige Domainumleitung die Zweite – Handyflash.de

Mit einem Verlust von mehr als 2 Sichtbarkeitspunkten springt mir direkt die nächste merkwürdige Domainumleitung ins Auge. Die Domain handyflash.de, die zu ihren besten Zeiten eine Sichtbarkeit von >9 Punkten aufweisen konnte, leitet seit Anfang April auf https://safetonet-family-store.de/startseite.html weiter und gibt fast die gesamte Sichtbarkeit ab.

Sichtbarkeitsverlauf bei Google Deutschland von handyflash.de

Merkwürdig genug, doch hier wird auch noch eine temporäre 302-Weiterleitung verwendet, was der falsche Weg ist, wenn man Versucht die Signale von einer auf eine andere Domain zu übertragen. Vielleicht will man sich aber auch bewusst diese Signale nicht auf den eigenen Shop ziehen, mögliche Besucher über vorhandene Verlinkungen jedoch gerne auf dem neuen Shop begrüßen.

Wieso der ehemalige Handyshop nun auf den Shop der Leipziger „SafeToNet Family Store GmbH“ weiterleitet, wissen nur die Beteiligten. Vielleicht wurde die Domain auch einfach gelöscht und neu registriert, denn die Firma hinter Handyflash hatte bereits im April 2019 überraschend Insolvenz anmelden müssen.

Ein echter Domainumzug bei Brunel

Es gibt sie noch, die ganz normalen Domainumzüge! Der Ingenieurdienstleister Brunel wechselte im April von brunel.de auf brunel.net und hat offenbar die SEO-Hausaufgaben brav erledigt:

Sichtbarkeitsverlauf bei Google Deutschland von brunel.de und brunel.net

Und gleich noch ein Domainumzug beim BMW(I/K)!

Das ehemalige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) wurde im Zuge der Ampelkoalition in Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) umbenannt. Aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr erhält das BMWK außerdem die Zuständigkeit für Games und aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz die Zuständigkeit für Klimaschutz einschließlich deren europäische und internationale Bezüge mit Ausnahme der internationalen Klimapolitik übertragen.

Von ehemals knapp 12 Sichtbarkeitspunkten sind Ende April gerade einmal 0,044 auf BMWK.de „angekommen“:

Sichtbarkeitsverlauf bei Google Deutschland von bmwi.de und bmwk.de

Die Verantwortung für die Auffindbarkeit in Suchmaschinen hatte man offenbar nicht auf dem Schirm, oder vielleicht an Ex-Minister Scheuer übertragen?

Gewinner im April 2022

Wo Schatten ist, muss auch Licht sein. Werfen wir nun einen Blick auf die Gewinner im April 2022.

BMU.de + V = BMUV.de

Nach dem enttäuschenden Umzug vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz findet sich doch tatsächlich ein Bundesministerium unter den Gewinnern des Monat! Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz hieß vormals Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Unter der aktuellen Regierung wurde aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz die Zuständigkeiten für den Verbraucherschutz in das BMU verlegt.

Allerdings verrät der Blick auf den Sichtbarkeitsvergleich von bmu.de und bmuv.de, dass auch hier offenbar niemand das Thema Suchmaschinenoptimierung auf dem Schirm hatte. Von ehemals >4 Sichtbarkeitspunkten sind bislang gerade einmal die Hälfte auf der neuen Domain „angekommen“:

Lieber Bundeskanzler Scholz, selbstverständlich stehe ich als Bundes-SEO-Minister jederzeit zur Verfügung ;)

Kinokalender wächst deutlich

Auf den ersten Blick scheint kinokalender.com etwas richtig zu machen. Seit Anfang des Jahres geht es, wenn auch mit temporären Rückschlägen stets nach oben. Von 0,3 auf mittlerweile mehr als 2,5 Sichtbarkeitspunkte hat die Domain ordentlich zugelegt:

Merkwürdig finde ich jedoch, dass sich die gestiegene Sichtbarkeit nicht in einer Traffic-Steigerung niederschlägt. Laut SimilarWeb geht der Trend der Besuche sogar nach unten:

Bei einem Besuch der Webseite stellte ich fest, dass es sich nicht etwas, wie zunächst vermutet, um ein deutschlandweites Angebot handelt, sondern um den Dresdner Kinokalender, auf dem sich „nur“ das Kinoprogramm für Dresden und dessen Umland findet.

Ein Blick auf die Rankingveränderungen zeigt, dass die Domain bundesweit Rankings zu Filmtiteln gewinnen konnte, teilweise von Filmen, die bereits jahrzehntealt sind:

Die entsprechende Unterseite zum Keyword „American Beauty“ verrät, dass es sich um einen Film aus dem Jahr 1999 handelt, der seinene Kinostart am 27.01.2000 hatte. Hier schafft es also ein lokaler Anbieter über sein Archiv, bundesweit in die Top 10 zu kommen.

Spannende Domainvereinigung bei TradeInn

Die scheinbar aus dem Nichts auf mehr als 10 Sichtbarkeitspunkte kommende Domain tradeinn.com hat natürlich meine Neugierde sofort geweckt:

Auf den ersten Blick sah es zumindest nicht nach einem Spam-Projekt aus. Die gigantische Leiste der Marken im Header der Seite war sofort bei mir die Vermutung auf, dass man hier Dutzende Domains vereinigt haben könnte:

Denn die „TRADEINN RETAIL SERVICES“ aus Celrà in Spanien bertrieb diverse Online-Shops zu verschiedenen Sport-Disziplinen unter Domains wie: www.scubastore.com, www.trekkinn.com, www.bikeinn.com, www.snowinn.com, www.swiminn.com, www.smashinn.com, www.waveinn.com, www.motardinn.com, www.outletinn.com, www.goalinn.com, www.runnerinn.com, www.xtremeinn.com, www.dressinn.com, www.traininn.com, www.kidinn.com, www.techinn.com und www.bricoinn.com.

Über die Gründe der Zusammenlegung lässt sich nur mutmaßen, womöglich wollte man so die zahlreichen negativen Bewertungen und Erfahrungsberichte loswerden, die die einzelnen Marken in der Vergangenheit gesammelt hatten.

Wenn wir uns nun aus SEO-Sicht ansehen wollen, ob die Vereinigung geklappt hat und vielleicht die neue Domain nun besser da steht, als die Summe der vielen Shops, müssen wir einmal Excel anwerfen, um eine gestapelten Rankingverlauf zu erstellen. Das ist dank der Export-Funktion der Toolbox kein großes Problem. Wir exportieren also den Sichtbarkeitsverlauf der Domains als CSV:

Und kopieren und transponieren die Daten in eine gemeinsame Tabelle und erstellen ein gestapeltes Liniendiagram. Noch schneller geht es natürlich über das Excel-Plugin „SEO-Tools for Excel“ in Kombination mit der SISTRIX API.

Leider gibt es dieses ausgezeichnete Plugin nach wie vor ausschließlich für Windows und nicht für den Mac oder Linux. Ich habe mich daher entschieden meinen Windows-Rechner aus zu lassen und statt dessen die SISTRIX API in Kombination mit Google Docs zu verwenden, damit ich mir die stupide Klickarbeit sparen kann und euch dennoch folgende Darstellung präsentieren zu können:

Wie man eindrucksvoll sehen kann, war die Zusammenlegung ein voller Erfolg!

Hoffentlich wurde der Kundenservice ebenso stark verbessert…

Übrigens sehe ich oft Probleme mit dem richtigen Format in Verbindung mit der SISTRIX API, denn diese liefert Fließkommazahlen mit einem Punkt, statt Komma. Um alle Formatierungen korrekt in der Google Tabelle darstellen zu können, sollte Land/Sprache der Tabelle daher vorher auf „Vereinigte Staaten“ gestellt werden. Klicke dafür auf Datei > Einstellungen und wähle in dem Dropdown unter der Überschrift Land/Sprache die Option „Vereinigte Staaten“ aus.

dogado – Alles E-Mail-Adressen oder was?

Zu gu­ter Letzt schauen wir uns noch einen Gewinner an, der seine Sichtbarkeit mit einem einzigen Blogbeitrag über E-Mail-Adressen vervierfachen konnte. Der Artikel trägt mit 1,287 Punkten zur Gesamtsichtbarkeit von knapp 2 bei:

Der Blick auf die Keywords verrät, dass dogado.de nun die klare Nummer 1 bei Google Deutschland zum Thema E-Mail-Adresse zu sein scheint:

Die dogado group hatte in den letzten Jahren durch zahlreiche Zukäufe, unter anderem von alfahosting, von sich reden gemacht, ich konnte allerdings nicht nachvollziehen, ob eine der gekauften Firmen nun auf dogado weiterleitet, oder man sich die Relevanz im Bereich E-Mail-Adressen durch andere Wege erarbeitet hat.

Eine Linkaufbau-Kampagne scheint es jedenfalls nicht gewesen zu sein.

IHK legt kräftig zu – Mit nur einem Keyword?!

Ob die Industrie- und Handelskammer sich von den Zwangsgebühren einen SEO-Dienstleister geleistet hat ist nicht bekannt, jedoch hat die Domain ihk.de ihre Sichtbarkeit im letzten Monat von ~18 auf >33 nahezu verdoppelt:

Auch hier werfen wir zunächst einen Blick auf die Ranking-Veränderungen und stellen fest, dass die Domain offenbar einer Neubewertung unterzogen wurde. Google vertraut der Domain nun offenbar derart, dass man ihk.de nun aus dem Nichts in die Top 10 zum Keyword „hamburg“ befördert hat.

Übrigens gab es im April kein offizielles Google Update, doch manchmal gibt es dennoch große Rankingveränderungen, die wie ein Core Update aussehen. Wenn ihr euch also manchmal fragt, Google Algorithmus Update oder doch nur Data-Refresh, dann solltet ihr den sehr interessanten Beitrag im Karrierenetzwerk LinkedIn von SISTRIX Gründer und Geschäftsführer Johannes Beus unbedingt lesen. Darin erklärt er, wieso viele Domain das Verhalten eines Core Updates aufweisen, ohne dass es eine offizielle Ankündigung seitens Google dazu gibt.

Happy Ranking!
Euer Kai

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