Kann Shopify (auch) in den Google SERPs zum Wettbewerber für Amazon werden?

Shopify ist klarer Gewinner des aktuellen E-Commerce-Booms in Folge der Corona-Krise. In diesem Blogbeitrag prüfen wir, wie gut Shopify-Shops bei Google ranken und ob sie damit zu einem Wettbewerber von Amazon in den Google SERPs werden können.

Die E-Commerce-Branche erhält durch die Corona-Krise ordentlich Rückenwind. Das sieht man nicht nur am Aktienkurs von Amazon, auch Shopify profitiert in den letzten Wochen deutlich. Shopify, ein kanadisches Unternehmen, vom Deutschen Tobias Lütke mitgegründet, bietet eine Plattform, um eigene Webshops zu betreiben. Als gehostete SaaS-Lösung bietet Shopify dabei alles aus einer Hand: Hosting, Shopsoftware, Bezahloptionen und vieles mehr.

Dabei geht Shopify einen anderen Ansatz als beispielsweise Amazon: die Produkte werden nicht auf einer zentralen Plattform verkauft, sondern mit Shopify erstellt jeder Händler einen eigenen Webshop auf einer eigenen Domain. Mehr als eine Millionen dieser Webshops gibt es laut Shopify bereits.

SEO als zentraler Marketing-Kanal für Shopify-Shops

Eine der großen Stärken von Amazon ist, dass die Seite zum Synonym für Online-Shopping geworden ist. Mehr als die Hälfte aller Produktsuchen beginnen mittlerweile direkt bei Amazon. Durch den dezentralen Ansatz kann das bei Shopify nicht so sein. Zwar versucht Shopify durch Ansätze wie beispielsweise eine eigene App diesen Nachteil auszugleichen, im Kern muss aber jeder Shopbetreiber selber für Besucher auf seinem Shop sorgen.

SEO ist dabei einer der zentralen Kanäle. Shopify wirbt auch damit, “SEO-Tools” zu enthalten (sie meinen damit die Bearbeitung von Meta-Beschreibungen, Titel und Produktbeschreibungen). Um diesen Punkt detaillierter zu beleuchten und einschätzen zu können, wie gut Shopify-Shops bereits im Vergleich zu Amazon bei Google ranken, haben wir die beiden Anbieter verglichen.

Shopify vs. Amazon: was ist vergleichbar?

Der Vergleich der beiden Anbieter ist gar nicht so einfach: auf der einen Seite steht Amazon. Dort ist die Sache klar – die Rankings laufen auf der jeweiligen Landesdomain (in Deutschland beispielsweise amazon.de) und sind damit klar zuzuordnen. Auf der anderen Seite steht aber der dezentrale Ansatz von Shopify. Damit gibt es keine zentrale Domain, die in Google rankt, sondern jeder Shopbetreiber nutzt seine eigene Domain.

Seit einigen Monaten bietet SISTRIX jedoch ein neues Feature, mit dem dieser Vergleich möglich wird. Unsere Technologie-Erkennung überprüft alle gecrawlten Webseiten, die wir uns beispielsweise für unseren eigenen Link-Index ansehen, auf das Vorhandensein von rund 1.000 Internet-Technologien. Das sind grundlegende Sachen wie der eingesetzt Webserver, aber auch speziellere wie beispielsweise die genutzte Shopsoftware – und Shopify ist dabei. Das erlaubt es uns, auf der einen Seite Amazon und auf der anderen Seite die Summe aller Shopify-Shops zu vergleichen.

Wie verbreitet ist Shopify als Shopsystem?

Um einen Eindruck davon zu erhalten, wie relevant Shopify überhaupt ist, schauen wir uns zuerst an, wie viele Installationen von Shopify es im Vergleich zu anderen Shopsystemen es eigentlich gibt. Zum Verständnis: unsere Crawler schauen sich jeden Tag mehr als eine Milliarde URLs an und prüfen, ob dort bestimmte Signaturen vorhanden sind, die auf die Nutzung einer Technologie schließen lassen. Das sind natürlich alle URLs, die bei Google ranken, aber auch noch viele weitere URLs und Webseiten. Im Vergleich mit anderen Shopsystemen steht Shopify gut da:

Verbreitung großer Shopsysteme
BezeichnungAnzahl gefundener Installationen
WooCommerce999.380
Shopify300.630
Magento130.090
PrestaShop103.150
BigCommerce31.650
Epages17.840
Gambio13.440
Shopware1.690

Nur von WooCommerce, einem Shopsystem, das auf WordPress aufbaut und dort als Erweiterung verfügbar ist, konnten wir mehr Installationen finden. Shopify überholt damit Schwergewichte wie Magento oder auch PrestaShop. Von den laut eigener Angaben rund einer Millionen Shopify-Shops konnten wir somit rund ein Drittel aktiv in freier Wildbahn auch entdecken.

Shopify in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Die rund 300.000 von uns identifizierten Shopify-Installationen sind eine weltweite Kennzahl: es ist also die Anzahl aller Shopify-Shops, unabhängig von der Sprache und Ausrichtung des jeweiligen Shops. Um diese genauer einzugrenzen, reichern wir die Informationen aus der Technologie-Erkennung standardmäßig mit unseren Sichtbarkeitsdaten an. Dabei schauen wir, im welchem Land der gefundene Hostname die höchste Sichtbarkeit hat und speichern das Land sowie den Sichtbarkeitswert ab.

Anzahl gefundener Shopify-Shops im deutschsprachigen Internet: 13.042

So lässt sich aus den rund 300.000 Installationen die Menge filtern, die in Google.de, Google.at und Google.ch am besten ranken. Das sind aktuell 13.042 Shopify-Shops, also rund 4 Prozent der gefundenen Shopify-Instanzen.

Amazon.de hat in Deutschland aktuell einen Sichtbarkeitsindex von 2.754,37 und ist damit nach Wikipedia.org die zweitstärkste Domain in Google.de. Vergleicht man damit nun die Summe aller Sichtbarkeitswerte der 13.042 deutschsprachigen Shopify-Installationen, wird deutlich, welch weiten Weg Shopify zumindest in den Google-SERPs noch vor sich hat:

Amazon hat in Deutschland in etwa die fünfzehnfache Sichtbarkeit aller Shopify-Shops zusammen. Während der Sichtbarkeitsindex von Amazon bei 2.754,37 liegt, kommen alle deutschsprachigen Shopify-Installationen zusammen nur auf einen Sichtbarkeitsindex 182,97. Schauen wir im nächsten Schritt, wie dieser Unterschied zustande kommt:

Rein rechnerisch kommt jeder Shopify-Shop in Deutschland auf einen Sichtbarkeitsindex von 0,014. Die Wahrheit ist natürlich deutlich ungleicher verteilt und die 1.000 größten Domains vereinen die absolute Mehrheit der Sichtbarkeit auf sich. Nur 10 Domains haben derzeit einen Sichtbarkeitsindex von mehr als 1, bei den Top-50 Domains ist man bereits bei der Grenze von 0,5 Sichtbarkeitspunkten. Die zehn größten Shopify-Shops im deutschsprachigen Internet nach Sichtbarkeit bei Google sind (Werte vor dem letzten Google-Update):

Bei Google erfolgreiche Shopify-Shops im deutschsprachigen Internet
ShopSichtbarkeitsindexLand
www.nu3.ch3,75CH
www.nu3.de3,50DE
www.topglas.de2,31DE
rhein-ahr-wein.de2,00DE
de.happycoffee.org1,77DE
www.nu3.at1,48AT
www.lotuscrafts.eu1,26AT
www.awn.de1,13DE
www.urbanara.de1,13DE
www.durex.de1,10DE

Aus der Praxis: Christian Häfner von Happy Coffee

Christian Häfner ist Gründer von Happy Coffee. Vorher hat er bereits die SaaS-Buchhaltungs- und Finanzsoftware Fastbill gegründet und bereibt mit LetsSeeWhatWorks ein Portal für Gründer und Unternehmer. Da er einen der erfolgreichsten Shopify-Shops im deutschsprachigen Internet betreibt, habe ich ihn nach seinen Erfahrungen befragt:

Wieso habt ihr euch für Shopify als Shopsystem entschieden?

Ganz zu Beginn (2008) war Happy Coffee ein reiner WordPress-basierter Blog, auf dem wir über Kaffee und nachhaltigen, bewussten Lifestyle gebloggt haben. Als dieser Blog im Jahr 2014 um einen Shop ergänzt wurde, haben wir uns letztlich deshalb für Shopify entschieden, weil es ein modernes, zuverlässiges und relativ günstiges System mit einem schon damals umfangreichen und wachsenden App-Ökosystem war. Die einzige echte Alternative bei der Flexibilität war WooCommerce, bei dem ich aber als Nicht-Entwickler den Wartungsaufwand und das Sicherheitsrisiko durch Drittanwendungen als zu groß empfand. Shopware hatte aufgrund der initialen Agenturdienstleistungen eine höhere Einstiegshürde, Jimdo und Wix waren nicht flexibel genug, XT Commerce und Co. zu unmodern und so etwas wie Lightspeed einfach noch zu weit weg von allem. Somit ist die Wahl auf Shopify gefallen. Da wir uns zu Beginn nicht sicher waren, ob man auf Shopify auch SEO-gerecht bloggen kann, lief der Shop zunächst auf einer eigenen Subdomain und der Blog weiterhin auf WordPress. Seit etwa 3 Jahren ist nun alles auf einer Domain und wir sind sehr zufrieden.

Welche Vor- und Nachteile siehst du bei Shopify?

Der größte Vorteil ist, dass es ein geschlossenes und zuverlässiges System mit einem umfangreichen Ökosystem ist. Es gibt fast keine technischen Ausfälle und die Performance ist selbst im kleinsten Tarif völlig ausreichend, um damit zu starten. Besonders kleine Unternehmen können mit Shopify für ein paar Dollar im Monat mit einem zuverlässigen, guten System starten und erstmal vollen Fokus auf die Verkäufe legen. Besonders auch das App-Ökosystem ist ein echter Vorteil. Wenn heute irgendwo moderne, neue Anwendungen oder Dienste im E-Commerce Umfeld gebaut werden, dann ist Shopify meist eine der ersten Integrationen auf der Liste. Außerdem entwickelt Shopify sich selbst stetig weiter und hat mittlerweile auch einen Fokus auf Deutschland gelegt (z.B. gibt es jetzt eine GoBD konforme POS App, Grundpreisangaben, usw.). Es gibt kaum einen Anwendungsfall, der nicht mit Hilfe einer geeigneten App abgebildet werden kann. Diese Flexibilität war bisher der große Vorteil von WordPress/WooCommerce, wurde aber mittlerweile aus meiner Sicht von Shopify eingeholt. Diese Verschlossenheit ist zeitgleich allerdings auch ein Nachteil an Shopify. Eine individuelle Serverkonfiguration z.B. ist nur möglich, wenn ich auf Shopify Plus upgrade (ab 2.000 USD / Monat). Bis dahin muss ich mit dem zufrieden sein, was Shopify mir anbietet. Nicht alle Apps eignen sich außerdem für deutsche Gesetze, auch, wenn die Funktionen häufig verlockend klingen. Auch mit Shopify kommt also nicht als Gründer drum herum mitzudenken. Nicht nur Dropshipper, sondern auch reguläre Verkäufer bieten leider noch häufig ein gefundenes Fressen für Abmahnanwälte. 

Siehst du, dass ihr wechselt, wenn die Shops weiter wachsen?

Bis jetzt sehe ich keinen Grund für einen Wechsel. Ich freue mich allerdings schon sehr darauf, wenn wir auf Shopify Plus wechseln können (wenn es wirtschaftlich sinnvoll wird), um noch etwas an der Performance-Schraube drehen zu können. Was die Shop Funktionalität angeht, haben wir erstmal keine großen offenen Wünsche, die wir nicht auch mit Custom Entwicklungen am Theme umsetzen können. Was SEO angeht, setzen wir auf den Pagebuilder Shogun, um unsere Texte mit gutem Traffic ganz individuell und sinnvoll zu nutzen. Shopify hat sich für uns also auch aus SEO & Blogging Sicht gut bewährt. Nach dem Erfolg in Deutschland haben mittlerweile auch zwei weitere Shops in Österreich und der Schweiz gestartet, in denen wir Kunden separat beliefern. Mit Shopify Plus lassen sich übrigens bis zu 15 Shops in einem Tarif abbilden. Bis dahin arbeiten wir mit jeweils einzelnen Shops pro Land.

Shopify-Rankings in England und den USA

In England und den USA ranken in Summe 84.192 unterschiedliche Shopify-Installationen in den Suchergebnissen, also deutlich mehr als bei uns. Auch die Sichtbarkeit dieser Shops ist ein gutes Stück besser: in den USA sind es 678,4 Sichtbarkeitspunkte, in England immerhin noch 542,21 Sichtbarkeitspunkte. Mit zusammen 1220,64 Sichtbarkeitspunkten vereinen die beiden Länder damit mehr als zwei Drittel der Gesamtsichtbarkeit aller Shopify-Shops. Im Vergleich mit Amazon der beiden Länder sieht das so aus:

Trotz dieser deutlich besseren Google-Sichtbarkeit bei englischsprachigen Shopify-Shops: es gibt keinen Shop unter allen 300.000 ausgewerteten Installationen mit einem Sichtbarkeitsindex von mehr als zehn Punkten. Zwar gibt es im englischsprachigen Bereich deutlich mehr erfolgreiche Beispiele, an die Zahlen der großen Player kommt aber keiner dieser Standard-Shops ran.

Fazit

Shopify hat sich als Standard-Lösung für schnelle und einfache Onlineshops etabliert. Die von uns über 300.000 gefundenen, aktiven Shopify-Installationen zeigen von dieser Position. In den Google-Rankings sieht es dabei nicht ganz so rosig aus: im deutschsprachigen Internet lassen sich bei Google erfolgreiche Shopify-Shops an zwei Händen abzählen und auch, wenn es im englischsprachigen Internet deutlich besser aussieht: zum Ranking-Selbverläufer wird ein Shop auch mit Shopify nicht. Dass keine wirklich großen und bei Google erfolgreichen Shops auf die Standard-Lösung von Shopify setzen, ist vermutlich eher ein Problem im Geschäftsmodell des Anbieters als für die Shopbetreiber.

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