Wie gut verstehst du Google? Der Content-Mythos

„Suchmaschinenoptimierer” ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Der fehlende Qualitätsstandard der Branche macht besonders Unternehmen und SEO-Neulinge anfällig, die mit Suchmaschinenoptimierung bislang nichts am Hut hatten. Sie müssen alles glauben, weil sie wenig wissen – denn jeder kann sich als SEO bezeichnen und drauflos optimieren.

Es ist an der Zeit, mit Content-Mythen aufzuräumen. Bekannte Namen wie HubSpot oder Neil Patel empfehlen, Blogs zu schreiben, um den organischen Google-Traffic zu erhöhen. Neil Patel, selbsternannter SEO, ist stolz darauf, 4.294 Artikel geschrieben zu haben.

Einer seiner beliebten Artikel heißt „How to Make Every Blog Article You Write Rank High in Google Search”. Neil sagt, dass Google ihn liebt, weil er durch das letzte Google-Core-Update (Medic-Update) Traffic gewonnen hat.

Dabei hat Google ihn nicht mit dem Medic-Update belohnt, Neil hat ganz einfach vor dem Update seine Domain von kissmetrics.com auf neilpatel.com umgeleitet – und das ist der einzige Grund für seinen Trafficzuwachs.

Die tatsächliche Performance von Neils Blog

Tatsächlich befinden sich nur 9,75 % seiner Keyword-Rankings auf der ersten Seite der Google-Ergebnisse:

Angenommen, 99 % aller organischen Klicks entfallen auf die ersten zehn Positionen bei Google, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Großteil von Neils Inhalten, nämlich 90,25 %, keinen organischen Traffic von Google generiert.

Werfen wir auch einen Blick auf HubSpot. HubSpots Blog hat eine deutlich bessere Ranking-Verteilung, aber auch hier sind über 80 % der Rankings auf den hinteren Seiten bei Google versteckt.

Um das zu verdeutlichen: Hier sehen wir, wie die einzelnen URLs von neilpatel.com bei Google ranken und wie viele Keywords sie generieren. Besonders interessant ist die Anzahl der Keywords in den Google-Top-10, also auf Seite 1 der Suchergebnisse.

Social Media hat keinen Einfluss auf Google-Rankings! SEO schon

Klar ist, dass Neils Inhalt in den Sozialen Netzwerken durchaus beliebt ist – jedoch hat dies nichts mit SEO-Erfolg zu tun.

Die folgende Tabelle zeigt die 20 erfolgreichsten URLs von Neil Patel in den Sozialen Netzwerken, also die URLs mit den meisten Interaktionen (Likes, Kommentare etc.):

So hat die URL neilpatel.com/blog/convenient-content-marketing-tools/ zwar 3.351 Interaktionen auf Facebook, LinkedIn und Pinterest generiert, rankt in Google aber nur für 2 Keywords und das auch nur auf den hinteren Plätzen:

Dabei sind Blogs per sé nichts schlechtes! Wer, wie wir in diesem Moment, mit seinen Lesern kommunizieren will, für den sind Blogs ein hervorragendes Mittel. Sie eignen sich auch für News, Produkteinführungen in Social Media, als PR-Kanal und vieles mehr, keine Frage! Für SEO-Zwecke gibt es jedoch bessere Content-Formate.

Don’t optimize for Google but for Google’s users – SEO content does not exist

“There’s no minimum length, and there’s no minimum number of articles a day that you have to post, nor even a minimum number of pages on a website. In most cases, quality is better than quantity.“

– John Müller, Webmaster Trend-Analyst, Google Schweiz

Das Internet ist der Ort, an dem wir Informationen und Dienstleistungen und vieles mehr finden. Content ist weit mehr als Text: Bilder, Videos, Tabellen sind gleichermaßen Content und sie haben das gleiche Potential für gute Rankings, wenn sie zur Suchintention passen – zum Beispiel eine tatsächlich nützliche Beschreibung von TripAdvisor:

88 % der Keywords für diese URL befinden sich auf der ersten Seite der Google-SERPs – und das auch ganz ohne Textlängen von mindestens 300 Wörtern, einer Keyworddichte von drei Prozent und ähnlichen SEO-Standardmärchen. Es existiert kein pauschaler SEO-Standard für guten Content.

Als SEO weiß man, dass nicht alle Inhalte gut ranken werden. Ein guter Indikator für erfolgreiches SEO wäre eine Verteilung von 30 % der Website-Inhalte auf Seite 1 bei Google:

Nutzerzentrierung par excellence:

Sogar eine simple Liste der am besten bewertesten Filme kann gut ranken:

Ein bekanntes, aber außergewöhnliches Beispiel für leistungsstarke Inhalte ist Wikipedia: 59,74 % aller Keywords schaffen es auf die erste Seite von Google:

Wer auf eine entsprechend gute Ranking-Verteilung erpicht ist und sich an Neil Patels Empfehlungen hält, müsste 34.159.536 Artikel schreiben. Grob überschlagen ist das eine Beschäftigung für 7.798 Jahre, wenn man täglich nur wenige Stunden fürs Schreiben aufbringt.

Donkeys vs. Unicorns

Larry Kim erklärte, dass er über 300 Posts in seinem letzten Firmenblog veröffentlicht hat – nur 8 von ihnen haben gut abgeschnitten. Er nannte sie den „Unicorn Content”, der bei Google einen hohen Stellenwert einnimmt:

Richtig ist, dass Neils Webseite einen guten Sichtbarkeitsindex aufweist. Begeben wir uns also auf die Suche nach Neils Einhörnern und schauen wir uns die URLs an, die mit mehr als 35 % der Keywords auf der ersten Google-Seite zu finden sind:

Die oben genannten Positiv-Beispiele von Wikipedia, Amazon, TripAdvisor and IMDB machen eines deutlich: Guter Content fokussiert die Suchabsicht, ist zeitlos, wird regelmäßig aktualisiert, hat eine gute Usability, erlaubt dem Nutzer mit internen Links tiefer in ein Thema einzusteigen und stellt zu guter letzt den Nutzer zufrieden.

Was die Qualität der Inhalte betrifft, da halten wir uns raus; Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten.

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