IndexWatch 2023: Die SEO-Gewinner des Jahres

Von:

Jolle Lahr-Eigen

Veröffentlicht: 17.01.2024

Aktualisiert: 12.03.2024

Auch im Jahr 2023 war wieder viel Bewegung in den SERPs. Vier Google Core Updates, drei Review Updates, ein Spam Update und ein Helpful Content Update haben die Suchergebnisse mal mehr, mal weniger neu gemischt. Mit unserem kostenlosen Google Update Tool behältst du übrigens jederzeit den Überblick und kannst prüfen, inwieweit deine Domain jeweils betroffen ist.

Doch nicht nur Google mischt die Suche auf. Auch SEOs selbst haben natürlich im letzten Jahr wieder viel dafür getan, ihre Domains in der Google-Suche voranzubringen. Die größten Erfolgsrezepte wollen wir uns heute genauer anschauen.

Eine vollständige Liste der relativen und absoluten Gewinner des Jahres 2023 findest du am Ende des Artikels.

Welche Seitentypen und Branchen haben generell gewonnen?

Besonders Zeitungsverlage wie swr.de, zeit.de, ndr.de, aber auch Publisher wie web.de stehen 2023 auf der Gewinnerseite da. Auch Elektronik- und Technikanbieter wie apple.com oder mediamarkt.de konnten gewinnen.

Sehr gut konnten zudem Seiten abschneiden, die auf Wohnkomfort einzahlen, also Heim, Küche und Garten wie ikea.com, einfachkochen.de, baywa-baumarkt.de oder lampenundleuchten.de.

Nicht ganz vorne dabei, aber insgesamt häufig unter den Siegern vertreten, waren auch Seiten rund ums Wetter wie wetter.com zum Beispiel.

Die relativen Gewinner 2023

Folgende Domains haben vielleicht nicht die größte Sichtbarkeit in Deutschland, konnten im Vergleich zu 2022 aber überdurchschnittlich zulegen.

Trendyol.com: Der türkische Mode-Online-Shop wächst um 229,88 % von 1,51 auf 4,99

2010 wurde Trendyol mit Hauptsitz in Istanbul von der Harvard-Business-School-Studentin Demet Mutlu gegründet. Seit 2018 ist die Fashion-Brand im Besitz des chinesischen Online-Riesen Alibaba.

Ecommerce in der Modeindustrie ist eine hart umkämpfte Branche. Beachtlich also, dass große Player wie Zalando, Amazon oder Otto nur etwa 3,3 bzw. 1,2-mal so viel Sichtbarkeit auf dem Keyword-Set haben, mit dem Trendyol in der Top-100 rankt.

Starke Marke

Das dürfte auch am starken Markennamen liegen, den sich Trendyol über die Jahre erarbeitet hat. Mehr als 49% der organischen Klicks basieren auf Suchanfragen, die “trendyol” enthalten (Live-Daten: rund 129.000 von etwa 263.000).

Darunter haben einige ein erhebliches Suchvolumen. Allein “trendyol” wird durchschnittlich fast 300.000 Mal pro Monat gesucht. Das spricht dafür, dass die Firma auf Social Media aktiv ist und ihre Zielgruppe auch mit Anzeigen bespielt.

Für stark nachgefragte Kleidungsstücke bietet der Shop im Verzeichnis “Trendyol Collection” Produkte unter der eigenen Hausmarke an.

Mit den Produktdetailseiten (PDPs) werden gezielt Produkt-Farb-Kombinationen abgedeckt. Die Breadcrumb unterstützt die interne Verlinkung und bringt Linkpower auf die Kategorien.

Mit der eigenen Marke ist Trendyol zudem auf anderen Plattformen wie About You präsent.

Top-Rankings auch für Hersteller-Brands und Kategorien

Zoomen wir in den Zeitraum, in dem Trendyol 2023 am meisten Sichtbarkeit gewonnen hat, sehen wir, welche Non-Brand-Rankings zwischen dem 10.07. und dem 21.08.2023 bei Trendyol dazugekommen sind: Top-10-Positionen für wichtige Herstellermarken und generische Kategoriebegriffe wie [tommy hilfiger] oder [birkenstock damen].

Wie schafft Trendyol das? Ein umfangreiches Linkmodul am Ende der Startseite für wichtige Marken und Kategorien ist schon mal ein guter Anfang für eine sinnvolle interne Verlinkung. Die Breadcrumb hatten wir bereits genannt.

Dazu kommen indexierbare Filter-URLs mit selbstreferenzierenden Canonicals. Zum Beispiel die facettierten Kategorieseiten für “Birkenstock Damen“ und “Birkenstock Herren”

Flache Verzeichnisstruktur

Die Breadcrumb auf der Produktdetailseite oben zeigt: Auch mit einer flachen Verzeichnisstruktur lässt sich eine gute Informationsarchitektur mit starker interner Verlinkung erreichen.

Backlinks

Wenn wir die schiere Anzahl an verweisenden Domains mit dem Wettbewerb vergleichen, dann kann Trendyol mit Größen wie Zalando oder About You durchaus mithalten.

Hier gab es offenbar gezielten Backlinkaufbau, der in letzter Zeit allerdings kontinuierlich zurückgefahren wurde.

Fazit Trendyol

Mit Trendyol sehen wir einen Online-Shop, der sich seine beachtliche Sichtbarkeit mit einer flachen Verzeichnisstruktur und vollkommen ohne ein separates Magazin für “Know-Intent”-Inhalte erarbeitet hat.

Die Erfolgsfaktoren sind der Aufbau der eigenen Marke sowie Templates für Kategorien und Produkte, die gezielte Indexierung und interne Linkpower für Fashion-Produkte mit Nachfrage ermöglichen.

Dabei zeigt ein Blick auf die Ranking-Verteilung: Das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht. Bislang ranken nur gut 2 % der Keywords auf Seite 1 bei Google. Da ist noch Luft nach oben.

Semrush.com: Um phänomenale 2653,24 % nach oben von 1,34 auf 36,93 Sichtbarkeitspunkte

Klar haben wir immer einen Blick auf unsere Marktbegleiter – erst recht, wenn sie so stark an relativer Sichtbarkeit zulegen wie unsere Freunde von Semrush im Jahr 2023.

Wo kommt die Sichtbarkeit plötzlich her? Ganz klar aus dem /website-Verzeichnis.

Dort werden Traffic-Statistiken zu einzelnen Domains angegeben. Ein schönes Beispiel, wie sich mit eigens kuratierten Daten kombiniert mit starker Suchnachfrage, mit gezielten Landingpages organischer Traffic erobern lässt, um Menschen auf die eigenen Services aufmerksam zu machen.

Einfachkochen.de: Um 1529,45 % nach oben von 1,89 auf 30,86 Sichtbarkeitspunkte

Die Rezeptseite des Burda-Verlags ist 2023 so richtig durchgestartet. Nur Semrush konnte sich im Verlauf der letzten 12 Monate stärker verbessern.

Bei der Konkurrenz finden sich einige Rezeptprojekte großer Verlage wie zum Beispiel chefkoch.de und essen-und-trinken.de von Gruner+Jahr, lecker.de von Bauer Media oder kochbar.de von RTL.

Aber auch das Schwesterprojekt einfachbacken.de ist dabei, und hier hat der Burda-Verlag schon einmal vorgemacht, wie ein steiler Aufstieg innerhalb von zwei Jahren gelingen kann.

Rezepte sind alles

Schauen wir auf die Verzeichnisstruktur, sehen wir, dass die Sichtbarkeit der Gesamtdomain einfachkochen.de fast zu 100 % deckungsgleich ist mit dem Verzeichnis https://www.einfachkochen.de/rezepte/.

Die Domain hat eine vierstellige Zahl an Top-3-Rankings, selbst wenn wir die Keywords auf solche mit mindestens 1.000 monatlichen Suchanfragen im Schnitt eingrenzen. Darunter sind jede Menge Short-Head-Keywords, die lediglich das Gericht und oft nicht mal den Zusatz (und Intent-Qualifier) “Rezept” beinhalten.

Schnell zur Sache auf dem Detailseiten-Template

Das Template der Rezepte-Detailseiten kommt schnell zum Punkt. H1-Überschrift mit Rezeptnamen, Bild vom Gericht, Dauer, Schwierigkeitsgrad und direkt geht’s los mit den erforderlichen Zutaten und Arbeitsschritten in der Zubereitungsanleitung. Jeder Schritt ist wiederum mit einem Bild aufbereitet. In Summe eine tolle User Experience für den Anwendungsfall Kochen.

Bilder, Profile und strukturierte Daten

Je nach Größe des Handys schafft es einfachkochen.de sowohl am Desktop als auch mobil mit einem organischen Ranking sowie zusätzlich als Rich Result in der Rezepte-Box im ersten Viewport der Google-Suche ausgespielt zu werden. Jeweils samt Bild und Bewertung.

Der Schlüssel dazu ist natürlich das Markup des Codes mit strukturierten Daten für Rezepte samt HowTo-Anleitung und Zutaten sowie für Reviews entlang der Google-Vorgaben. Das Rich Result Testing Tool zeigt hier lediglich Verbesserungspotenzial bei der Angabe der Kalorien und der Ergänzung eines Videos.

E-E-A-T-Signale: Die passen nicht nur aus Kalauergründen zum Kulinarikkontext. Sie dürfen bei den Gewinnern 2023 keinesfalls fehlen. So erfahren wir über die Köchinnen und Rezeptredakteure einen kurzen persönlichen Hintergrund auf der Autorenseite, wo deren Rezepte jeweils prominent verlinkt sind.

Hier lässt einfachkochen.de allerdings noch Potenziale liegen. Zwar wird das Article-Markup verwendet, die Author-Property fehlt aber.

Hier ließe sich gerade auf der Profilseite noch klarer herausstellen, wer die Menschen hinter den Rezepten sind, welche Expertise sie haben, so dass es auch eine Suchmaschine versteht.

Die Top 100 relativen Gewinner 2023

Das waren die Beispiele, die gemessen an sich selbst einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht haben. Kommen wir nun zu den Seiten, die auch im Vergleich zu anderen Domains im deutschen Markt ganz oben stehen.

Die absoluten Gewinner 2023

Aok.de

Die Domain des Bundesverbands der “Allgemeinen Ortskrankenkasse” hat sich von 47,98 um 74,40 Sichtbarkeitspunkte hoch auf 122,38 geschraubt. Gemessen am eigenen Keywordset gibt es keine deutsche Krankenkasse mit mehr Sichtbarkeit. Dabei stand die Domain tk.de zum Beginn des Jahres 2023 noch vor der AOK.

Eine zentrale Domain für verschiedene regionale Organisationseinheiten

Während das Fachportal für Arbeitgeber im /fk/-Verzeichnis die komplexe Organisationsstruktur verschiedener regionaler Träger abbildet, richtet sich das /pk/-Verzeichnis an alle Endverbraucher, also die Versicherten selbst. In diesem B2C-Kontext generiert die AOK-Domain das Gros ihrer Sichtbarkeit.

So bündelt die AOK die Kräfte der regionalen Träger auf einer zentralen Domain mit starken Marken- und Backlinksignalen und geht dem Problem der inhaltlichen Kannibalisierung zwischen mehreren dezentralen Domains aus dem Weg.

B2C-Themen-Hubs für die Versicherten im Magazin

Innerhalb des /pk/-Verzeichnisses sorgt das Magazin für die größte Sichtbarkeit. Die Artikel sind in einer hierarchisch klaren Verzeichnisstruktur zu thematischen Clustern verortet:

• /pk/magazin/koerper-psyche/
• /pk/magazin/ernaehrung/
• /pk/magazin/familie/
• /pk/magazin/sport/
• /pk/magazin/wohlbefinden/

All diese Themen haben für sich jeweils schon eine Sichtbarkeit von mindestens 5.

Aufgeräumte Menüführung und gute UX – auch mit Blick auf Barrierefreiheit

Bei so vielen Playern, die an der Domain mitwirken, ist es nicht leicht, für Übersichtlichkeit zu sorgen. Genau das ist aber gelungen, wenn wir auf die Navigationselemente in Header und Footer oder die URL-Struktur blicken.

Zudem scheint die AOK beim Relaunch in 2023 ein Augenmerk auf Barrierefreiheit und gute UX gehabt zu haben. Neben exzellenten PageSpeed-Insights-Ergebnissen, punktet die Domain mit Angeboten in leichter Sprache und Gebärdensprache.

Google findet an alledem Gefallen und honoriert den hohen Wert der Marke, die die AOK im Gesundheitssektor für sich in Anspruch nehmen kann.

Ndr.de wächst um fast 54 Sichtbarkeitspunkte auf über 230

Besonderheiten im Publishing-SEO

Die organischen Suchergebnisse sind für Publisher wie den NDR oder Tageszeitungen nur eine Säule des Suchmaschinen-Traffics. Sie beziehen in der Regel einen Großteil ihrer Klicks über Google News und Google Discover. Im Vergleich zum klassischen SEO sind hier Schnelligkeit, die richtigen Bildformate und eine starke Marke als journalistische Plattform mit stichhaltiger Recherche und thematischer Expertise noch wichtiger. Das URL-Inventar verändert sich permanent.

Was uns SISTRIX hier zeigt, ist, ob ein Publisher seine journalistische Power für Evergreen-Content gezielt einsetzt und Know-Intent-Suchen mit guten Erklärstücken bedient.

Evergreen-Content im Ratgeber-Verzeichnis

Das ist dem NDR gelungen. Gut die Hälfte der organischen Sichtbarkeit fußt auf dem Ratgeber-Verzeichnis. Innerhalb dieses Verzeichnisses sind es die Inhalte rund um das Thema Gesundheit, die für Sichtbarkeit sorgen.

Zwei der nach SISTRIX-Schätzungen klickstärksten Artikel im Gesundheitsverzeichnis sind der über Flohsamenschalen und einer über die Symptome, Ursachen und Behandlung einer Blasenentzündung. Der Flohsamen-Artikel ging erst im dritten Quartal 2023 live, ist relativ kurz und hat als Hauptinhalt zum Beginn der Seite ein per iFrame eingebettetes selbstproduziertes Video. Der Artikel zur Blasenentzündung ist etwas ausführlicher und schon seit Mitte 2021 online.

Anhand der Wayback Machine können wir nachverfolgen, dass die Gliederung des Artikels auch vor 2,5 Jahren stand. Anschließend hat die Redaktion das Stück allerdings optimiert. Beispielsweise kam das relevante Keyword “harnwegsinfekt” mit durchschnittlich knapp 17.000 monatlichen Suchen erst später in die H2 “Harnwegsinfekt: Richtige Ernährung kann helfen”.

Richtig durchgestartet ist der Blasenentzündungs-Artikel dann erst im September 2022 – mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung.

Wechselndes URL-Inventar: Ein typisches Problem für Publisher

Ein weiterer Artikel, der zum Ende des Jahres 2023 gut lief, ist der zum “Teleshopping: Die Tricks von Verkaufssendern wie QVC und HSE”. Über 76.000 Klicks bringt er SISTRIX-Schätzungen zufolge monatlich ein, obwohl der Artikel zwar in der Top 10, aber nicht ganz oben zu finden ist. Allerdings ist das Top-Ranking zum Keyword [qvc] nicht leicht zu halten. Vor allem dann nicht, wenn das eintritt, was den meisten Publishern früher oder später passiert. Sie behandeln dasselbe Thema auf einer weiteren URL erneut. Und keine setzte sich so richtig durch.

Der NDR hat also noch viele Hebel in der Hand, seine organische Sichtbarkeit durch kluges Index-Management, interne Verlinkung, Konsolidierung oder Ausdifferenzierung seiner Inhalte weiter auszubauen. Und steht dennoch schon jetzt sehr gut da.

Die Top 100 absoluten Gewinner 2023

Unsere Methode: Wie wir gemessen haben

Der SISTRIX Sichtbarkeitsindex ist eine Kennzahl für die Sichtbarkeit einer Domain in den Suchergebnissen von Google. Mit ihm ist die Messung von Erfolg in den Google-SERPs verlässlich und nachvollziehbar möglich. Mehr zum Sichtbarkeitsindex und seiner Berechnung.

Für die SEO-Gewinner des Jahres 2023 haben wir den Sichtbarkeitsindex von knapp 10 Millionen Domains von Anfang 2023 (02.01.2023) und Anfang 2024 (01.01.2024) miteinander verglichen.

Der Vergleich basiert auf dem Mobile-Sichtbarkeitsindex, also den Zahlen, die aus der Messung der Suchergebnisse auf dem Handy basieren.

Wir haben sowohl 250 prozentuale als auch absolute Gewinner ermittelt. Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile:

• Prozentuale Gewinner zeigen eher Domains, die von einem niedrigen Niveau startend stark gewinnen konnten. Das sind zum Teil „echte“ Gewinner, oft aber auch Domain-Umzüge, Zusammenlegungen oder Ähnliches.
• Absolute Gewinner (also die Domains, die die meisten Sichtbarkeitspunkte gewonnen haben) filtern diese „unechten“ Gewinner weitestgehend raus. Sie haben aber das Problem, dass bereits sehr große und erfolgreiche Domains im Vorteil sind.

IndexWatch 2023 ES, FR, IT, UK, US

Der IndexWatch ist auch für andere Länder in anderen Sprachen verfügbar:

• IndexWatch DE Verlierer
• IndexWatch ES Gewinner
• IndexWatch ES Verlierer
• IndexWatch FR Gewinner
• IndexWatch FR Verlierer
• IndexWatch IT Gewinner
• IndexWatch IT Verlierer
• IndexWatch UK Gewinner
• IndexWatch UK Verlierer
• IndexWatch USA Gewinner
• IndexWatch USA Verlierer (Veröffentlichung 31.01.)