15. SEO-Mythen über Rankingfaktoren

Mit Astrid Kramer, Dominik Schwarz, Florian Stelzner, Hanns Kronenberg, Marcus Tandler und Simon Pokorny.

Hanns Kronenberg
Head of Marketing, SISTRIX

Das schöne am SEO Know-How ist ja eigentlich, dass das gesamte Wissen kostenlos im Internet steht. Das Blöde daran ist, dort steht auch wahnsinnig viel Unsinn und falsche Informationen.

Für Einsteiger ist es schwierig sich da einfach zu orientieren und es herrschen viele falsche Meinungen. Astrid, was sind so für dich die schlimmsten SEO-Mythen?

Astrid Kramer
Geschäftsführende Gesellschafterin, jacobi&jacobi GmbH, jacobi2.de

Also ich glaube das Thema SEO-Mythen, also echte Mythen, das ist was worüber ich mich mit Florian vorhin in der Kaffeeküche kurz unterhalten habe, da hat uns wirklich mal jemand eine H0 präsentiert. Also das ist echtes Mythos und echter Quatsch.

Ich glaube ansonsten, wenn es um Rankingfaktoren geht, es ist einfach wichtig: was wird generell in einer Diskussion überbewertet? Was wird unterbewertet? So würde ich das jetzt einteilen. Und bei überbewertet würde ich vereinfacht sagen: also was auf Google gestrickt ist, ist überbewertet. Und was nicht langfristig funktioniert. Das heißt: so Sachen wie Keyworddichte zum Beispiel, ist komplett überholt, und hat den Nutzer nicht im Blick, sondern eben Google. Und wenn ich nur Google im Blick habe, dann ist das überbewertet.

Wenn ich irgendwie eine ganz nette Seite bastle, aber mein Facebook-Snippet sieht grottig aus und niemand klickt da drauf und spricht das an, dann ist das klar unterbewertet. Dann muss ich sagen: wie spreche ich mein Nutzer an? Was ich auch glaube, was extrem unterbewertet ist: meine Mobile Webseite. Und zwar nicht nur weil Google jetzt sagt, “Mobile-First und der mobile Index wird zum Ranking herbeigezogen”.

Ganz oft sagen Leute, “Mobile ist gar nicht so wichtig, weil es konvertiert nicht so”. Die Leuten suchen mobile aber konvertieren dann auf dem Desktop. Und da ist doch die Frage: “vielleicht konvertieren die Leute ja nicht mobile, weil es von der Nutzererfahrung so scheiße ist?”. Also so rum muss man das vielleicht mal aufziehen. Nicht ganz Mobile, aber eben über Apps. Die Amazon App ist bei mir mittlerweile dominant, im Gegensatz zum Desktop. Das sollte man vielleicht auf dem Schirm behalten.

Und komplett unterbewertet wird alles Klassische: also TV Werbung; wir hatten vorhin schon das Thema Brand. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Und von meiner Geschäftspartnerin soll ich noch so einstreuen: wirklich unterbewertet ist sauberes HTML und saubere Webentwicklung. Da könnte man irgendwie noch mal sagen: “Ok, da bitte noch mal drauf achten dass die Basics einfach funktionieren”.

Simon Pokorny
SEO Consultant, simon-pokorny.com

Ja, jetzt hast du fast alles Wichtige gesagt. Ich gebe dir erstmal generell recht. Es gibt vieles in SEO was eigentlich nur auf Google fixiert ist. Das ist einfach ein falsches Herangehen. Das ist ein strategischer Fehler, von Grund auf. Es ist einfach wichtig immer mehr den Benutzer im Fokus zu haben und zu überlegen: was kann ich machen um das bestmögliche Ergebnis für den Benutzer zu haben?

Google ist mittlerweile so gut, dass Sie natürlich auch versuchen die Interaktion des Benutzers vorherzusagen. Und darin sind sie sehr sehr gut. Ich sehe halt, wenn ich für den Benutzer Dinge verbessere, dass der Benutzer mehr mit der Seite interagiert, habe ich im Endeffekt auch wieder bessere Rankings. Und das Ganze nimmt so in den letzter Monaten, in den letzten 1-2 Jahren enorm zu.

Ich habe sehr stark gesehen, wenn das Usability-Team größere Updates gemacht hat, wo sich der Benutzer auf einmal statt 3 Seiten, 50 Seiten angeschaut hat, dann haben wir auch in den SERPs auf einmal bessere Ergebnisse gehabt. Genauso wie wir auch langsam im SEO von dem Denken weg müssen: wir ranken für ein bestimmtes Keyword.

Die Suchen werden immer unterschiedlicher. Wir müssen einfach mehr drauf schauen wo und in welchen Themen wir denn gut performen? Wo unser Traffic ist? wie zufrieden der Benutzer ist? Wir müssen gucken: ok, der Benutzer kommt, ist der zufrieden mit dem was er erreicht? Das ist eigentlich die neue Metrik die wir mehr im Fokus haben müssen, die einfach momentan noch etwas unterschätzt wird.

Dominik Schwarz
VP Marketing & Communications, HomeToGo

Ich glaube man muss immer vorsichtig sein sobald ein fixer Wert angegeben wird. “Du brauchst 150 Links, um zu ranken”, “du brauchst das und das, um zu ranken”. Wann immer eine absolute Zahl dransteht, muss man mindestens vorsichtig sein. Es gibt ganz ganz wenige Werte wo das dann vielleicht annäherungsweise richtig ist.

Ich glaube, eine der größten immer wiederkehrenden, wieder gekauten Mythen ist: “ich brauche mindestens so und so viel Wörter Text auf der Webseite”. Das ist einfach totaler Quatsch. Wie ihr es schon ausgeführt habt: es kommt darauf an, was ist der Intent des Nutzers? Was will er denn wirklich? Möchte er denn jetzt wirklich 500 Wörter zum Thema “Stadt Hamburg” lesen oder interessieren ihn eigentlich viel eher die Job-Ads oder die Hotels oder was auch immer eigentlich das Ziel der Website ist? Viel viel wichtiger als einfach nur HTML-Text am Ende der Seite im Footer.

Simon Pokorny
SEO Consultant, simon-pokorny.com

Findet der Benutzer schnell das was er eigentlich sucht? Das ist so das Wichtige.

Florian Stelzner
Geschäftsführender Gesellschafter, Wingmen Online Marketing GmbH

Ich finde Hanns hat am Anfang eigentlich schon alles gesagt. Es steht unglaublich viel in diesem Internet, von den wir immer alle reden, rum. Und das ist sowohl Gutes, als totaler Bullshit. Und in jedem Seminar was wir so halten, warne ich eigentlich immer davor, oder weise darauf hin, dass man bei allem Geschrieben immer daran denken sollte: wer hat das geschrieben? Für welchen Business-Case? Für welche Seite? Mit welchem Hintergrund?

Alle

Und “Wann?”

Florian Stelzner
Geschäftsführender Gesellschafter, Wingmen Online Marketing GmbH

Und wann! Das ist ganz wichtig. Manchmal kommen auch irgendwelche Entwickler an und kramen irgendwelche Google Zitate von 2009 raus. “Ja, Google hat da mal eben was gesagt”, “ich habe da mal irgendwas gelesen”, oder “ich habe diese 150 Worte oder 250 Worte irgendwo gelesen”. Solche Sachen sind halt einfach fahrlässig. Man sollte sich halt immer fragen, wer es geschrieben hat und in welchem Zusammenhang?

Und was mir in letzer Zeit, oder eigentlich immer wieder so als SEO-Mythos Nummer 1 durch die Finger rinnt ist, letzten Endes, die fehlerhafte Index-Steuerung durch die robots.txt. Das wird halt immer noch viel zu oft falsch gemacht. Leute versuchen Seiten durch die robots.txt aus dem Index fernzuhalten, wissen aber einfach nicht, dass sie dadurch nur den Bot aussteuern, aber mit der Indexierung hat das eigentlich gar nichts zu tun.

Sich vielleicht einfach mal grundlegend darüber zu informieren, wie so eine Suchmaschine arbeitet und dass es da eben vier verschiedene Stationen gibt, die so eine Suchmaschine braucht, um Daten von der Erfassung bis hin zur Ausgabe irgendwie hinzubekommen. Das ist, glaube ich, absolut sinnvoll.

Simon Pokorny
SEO Consultant, simon-pokorny.com

Auch Crawlbarkeit ist ein ganz großes Problem. Wo man oft sieht, dass viele es einfach komplett falsch machen was die Crawlbarkeit angeht. Und wenn der Googlebot nicht durchkommt und die wichtigen Informationen nicht finden, dann wird es der Benutzer genau so wenig und irgendwo renne ich da in ein Problem rein.

Marcus Tandler
Gründer & Geschäftsführer, OnPage.org

Das Ding ist, wie du richtig sagst, die Grundlagen. Viele fangen mit SEO an, aber eigentlich musst du mit Information Retrieval anfangen. Wie arbeitet überhaupt eine Suchmaschine? Und dann kann ich mich darum kümmern, wie kann ich das entsprechend in meine Richtung begünstigen. Das ist genau der Fehler. Man braucht einfach die Grundlagen. Man muss das Spiel mal holistisch verstehen, damit man das auch entsprechend richtig machen kann.

Ich glaube gerade bei den Sachen die im Internet stehen, sind Sachen sehr oft auch veraltet. Und gerade in unserem Bereich passiert sehr viel, dass einfach sehr schnell etwas veraltet ist. Selbst was vor einem Jahr sogar auf Sistrix gestanden ist, kann es jetzt nicht mehr aktuell sein – ich weiss, das ist kein Current-Case, also alles gut.

Und die Sache die dann auch sehr oft der Fall ist, du hast es ja auch richtig gesagt: wer ist es? Was für ein Case ist dahinter? Was auch immer. Die große Gefahr ist auch immer die Generalisierung. Ich habe hier was gesehen und da ist es so und so und deswegen ist es so. Nein! Es kommt immer auf die Nische, auf die Branche, auf den User an … so viele verschiedene Faktoren spielen da mit rein. Es ist immer sehr schwer etwas einfach zu generalisieren, auf Basis von einer Case-Study oder so.

Aber SEO-Mythen, also 2 Mythen habe ich da natürlich. Ein großer Mythos ist natürlich immer der mit AdWords. Also wenn ich AdWords buche – lustigerweise gibt es den Mythos in beide Richtungen – da gibt es die Leute, die dann sagen, “also wenn ich AdWords buche dann ranke ich auch organisch besser, weil ich zahl ja was bei Google. Ich bin ein guter Kunde, deswegen ranke ich auch besser”. Oder ich hab die Leute die dann sagen, “ne wenn ich AdWords buche ranke ich schlechter in organisch, weil ich ja schon Geld ausgebe und Google will, dass ich noch mehr Geld ausgebe”. Und alleine das beweist schon, dass Leute den Mythos sozusagen auf beide Seiten verwenden, beweist schon, “ok, das ist ein klarer Mythos, das hat nichts miteinander zu tun”.

Nachgelagert hat es natürlich was damit zu tun. Wenn ich AdWords buche, kommen Leute auf meine Seite, Google misst die User Signale mit. Das ist natürlich schon wieder ein positiver Effekt. Aber natürlich nur nachgelagert. Aber trotzdem, hier gibt es keine direkte Korrelation, weil ich AdWords buche oder nicht buche, dass ich hier jetzt direkt einen organischen Vorteil hätte.

Und der zweite große SEO-Mythos ist die Sache mit den Social Signals. Also Facebook hat so und so viele Likes, dann rankt so was auch besser. Da gibt es ja auch die schönen Korrelationsanalysen, wo ich sehe “aha, je nachdem wer vorne rankt hat auch mehr Likes und solche Sachen”. Da ist ja wieder dieses, kennen wir, müssen wir jetzt nicht wiederholen, wie das ist mit Korrelation und Kausation.

Aber die Sache ist da halt, dass es für Google überhaupt gar kein Sinn machen würde, seinen Algorithmus von dem Third-Party-Algo eines komplett anderen Unternehmens – das einen komplett anderen Algo hat – abhängig zu machen. Ich binde das bei mir ein.

Weil ich brauche einfach den Social Graph. Es bringt mir nichts, dass eine Seite einfach 100 Likes hat. Sondern es geht darum, “was sind das für 100 Likes?”. Sind das erstmal richtige Leute? Das ist das erste wichtige. Sind das auch Leute, die in diesem Thema drin sind? Die auch eine wirkliche Bewertung eines bestimmten Themas vornehmen können? Dafür brauche ich den Social Graph.

Google hat das ja auch versucht – sehr erfolgreich mit Google+ – diesen eigenen Social Graph zu bauen um genau diese Daten dann halt zu bekommen.

Florian Stelzner
Geschäftsführender Gesellschafter, Wingmen Online Marketing GmbH

Und Google Wave und Google Buzz.

Marcus Tandler
Gründer & Geschäftsführer, OnPage.org

Ja, genau. Was kommt als Nächstes? Das hört man immer wieder. Wo man es einfach mal hinterfragen muss. Und auch da sind es, glaube ich, die Grundlagen. Wenn man die Grundlagen hat, dann erschließt sich ja sehr schnell, dass es überhaupt kein Sinn macht so überhaupt daran zu geben.

Und deswegen kann da mein Tipp auch immer nur sein: bevor ich mit “wie mache ich jetzt SEO?” anfange, mit den Grundlagen anfangen. Informationen Retrieval. Wie funktioniert überhaupt eine Suchmaschine? Wie funktioniert dieses gesamte Spiel? Und dann werde ich definitiv auch ein besserer SEO werden.

Florian Stelzner
Geschäftsführender Gesellschafter, Wingmen Online Marketing GmbH

Ich glaube die Ursache ist immer so ein bisschen diese Suche nach dem heiligen Gral. Wo ist der “eine Trick”, der “eine Hebel” den ich brauche. Ich habe es so oft dass ich gefragt werde, “komm, erzähl mir doch mal den Trick?”. Und die Antwort ist dann meistens: “kriege mal die Basics klar und dann gucken wir weiter, wie wir dann strategisch deine Seite sinnvoll nach vorne bringen können”.

Die Leute sind nahezu beleidigt, dass man denen irgendwie das Herrschaftswissen vorenthält. Und das ist halt Quatsch. Man muss einfach mal ein bisschen gesunden Menschenverstand anwenden. Das hilft manchmal.

Hanns Kronenberg
Head of Marketing, SISTRIX

Was jetzt noch gar keiner genannt hat – aber ich erlebe es jede Woche in unseren Seminaren und massenhafte Tools und irgendwelche CMS-Systeme fordern es – sind die Meta-Keyword-Tags. Tragt eure Keywords irgendwie in dieses Feld ein und es wird in den Meta-Keyword-Tags ausgespielt.

Können wir ein Mal, alle zusammen, sagen: Meta-Keyword-Tags sind kein Rankingfaktor

Marcus Tandler
Gründer & Geschäftsführer, OnPage.org

Sind wichtig! Das sind keine alternative Fakten. Das ist Wichtig! Das ist der Trick! Let’s make SEO great again! Die Leute fragen ihn die ganze Zeit, er will den Trick nicht sagen.
Aber gerade weil es niemand mehr nutzt. Jetzt nutzt es Google wieder. So ist es.

Hanns Kronenberg
Head of Marketing, SISTRIX

Also liebe Freunde, es ist kein Rankingfaktor.

SISTRIX Content Team
13.04.2021